Bevor die Staatsanwaltschaft am Ende eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens entscheiden kann, wie sie mit dem Sachverhalt weiter verfährt, ob also gegen den Beschuldigten Anklage erhoben, ein Strafbefehl beim Amtsgericht beantragt oder das Verfahren gem. §§ 153 ff. StPO eingestellt wird, sind zuvor - je nach Umfang des Sachverhalts - vielzählige Ermittlungsmaßnahmen zu ergreifen, um den Sachverhalt überhaupt erst zu erfassen. Hierbei ist die Staatsanwaltschaft auf die Hilfe der Polizei angewiesen, die im Ermittlungsverfahren gem. § 163 StPO als Hilfsorgan der Staatsanwaltschaft fungiert und den Beschuldigten sowie die Zeugen etc. vernimmt. Die Staatsanwaltschaft sowie die Polizei sind dazu verpflichtet, die Ermittlungen nicht nur einseitig gegen den Beschuldigten zu führen, sondern haben gem. § 160 StPO auch den Tatsachen nachzugehen, die den Beschuldigten entlasten könnten. Die Behauptung "es wird gegen mich ermittelt" ist insofern nicht ganz richtig, allerdings zeigt die tägliche Praxis doch, dass eher gegen als für den Beschuldigten ermittelt wird. Deswegen ist es im Strafrecht für einen Beschuldigten wichtig, sich frühzeitig der Hilfe eines Rechtsanwalts zu bedienen, um rechtzeitig die Ermittlung von entlastenden Umständen zu forcieren. Hat die Polizei die Ermittlungen abgeschlossen, sendet sie die Strafakte mit einem Abschlussvermerk an die Staatsanwaltschaft, die ihrerseits entscheiden muss, wie mit dem Fall weiter zu verfahren ist. Sollte die Staatsanwaltschaft noch weitere Ermittlungsmaßnahmen für notwendig erachten, werden die entsprechenden Behörden hierzu angewiesen. Wenn die Ermittlungen abgeschlossen sind, wird entweder
Wenn die Ermittlungen gegen den Beschuldigten einen hinreichenden Tatverdacht bezüglich einer oder mehrerer Straftaten geben, kann eine Anklage gem. § 170 I StPO verfasst oder der Erlass eines Strafbefehls gem. §§ 407 ff. StPO beim zuständigen Amtsgericht beantragt werden. Hinreichender Tatverdacht besteht immer dann, wenn nach vorläufiger Tatbewertung die vorliegenden Beweise wahrscheinlich für eine Verurteilung ausreichen. Der zugrundeliegende Sachverhalt muss also in tatsächlicher Hinsicht dem Täter nachweisbar sein und in rechtlicher Hinsicht einen Straftatbestand, z.B. die Körperverletzung gem. § 223 StGB, erfüllen.
Die Anklageschrift soll gem. §§ 199, 200 StPO so aufgebaut sein, dass der Beschuldigte alles Wesentliche sofort erfassen kann und sich darüber bewusst ist, was ihm strafrechtlich vorgeworfen wird. Die Anklage hat neben der Angabe des zuständigen Gerichts, den Personaldaten des Beschuldigten, konkreten Angaben zur Dauer der Untersuchungshaft sowie den Beweismitteln etc. deshalb insbesondere den sog. Anklagesatz zu enthalten, der den strafrechtlich relevanten Sachverhalt zusammenfasst und ähnliche Vorkommnisse von dem angeklagten Sachverhalt abzugrenzen hat. Am Ende des Anklagesatzes folgen die anzuwendenden Strafvorschriften.
Sinn und Zweck der Notwendigkeit dieser Angaben ist zum einen, dass der Beschuldigte, der keinen Rechtsanwalt beauftragt hat, über den ihm vorgeworfenen Sachverhalt sowie dessen strafrechtliche Bedeutung in Kenntnis ist (Informationsfunktion).
Zum anderen dient den Anklagesatz dazu festzulegen, über welchen Sachverhalt das Gericht zu entscheiden hat und streng genommen auch nur entscheiden darf, denn das Gericht darf den Beschuldigten nur aufgrund des angeklagten Lebenssachverhalts verurteilen. Es muss den Beschuldigten freisprechen, wenn die Straftat nicht nachzuweisen ist oder sich das Verhalten des Beschuldigten rein rechtlich als nicht strafbar erweist. Die Verurteilung unter Zugrundelegung eines völlig anderen als von der Staatsanwaltschaft angeklagten Sachverhalts ist unzulässig und bedarf entweder einer neuen Anklage oder einer Nachtragsanklage gem. § 266 StPO.
Darüber hinaus ist der Anklagesatz deshalb von Bedeutung, weil er den Umfang der Rechtskraft einer ggf. erfolgenden Verurteilung bestimmt. Ist der Beschuldigte aufgrund desselben Sachverhalts bereits einmal verurteilt worden, dann bewirkt die Rechtskraft des Urteils den sog. Strafklageverbrauch. Das bedeutet, dass der Beschuldigte grundsätzlich nicht nochmals wegen derselben prozessualen Tat verurteilt werden darf, auch wenn diese im Nachhinein rechtlich anders beurteilt wird→ Art 103 III GG: Grundsatz "ne bis in idem".
Zuletzt entscheidet das Gericht im sog. Zwischenverfahren, ob die angeklagte Tat zur Hauptverhandlung zugelassen wird, ob das Gericht die Anklage mit Änderungen gem. § 207 II StPO zur Hauptverhandlung zulässt oder ob die Zulassung abgelehnt wird.
In den ersten beiden Fällen steht am Ende des gerichtlichen Verfahrens ein oder mehrere Hauptverhandlungstermine, bei der Ablehnung der Zulassung der Anklage besteht für die Staatsanwaltschaft die Möglichkeit der sofortigen Beschwerde gem. § 210 II StPO.
Der Erlass eines Strafbefehls ist in den §§ 407 ff. StPO geregelt. Diese Verfahrensweise hat die gleichen Voraussetzungen wie die Anklage, es muss als hinreichender Tatverdacht einer Straftat gegen den Beschuldigten bestehen. Soweit das der Fall ist, beantragt die Staatsanwaltschaft beim zuständigen Amtsgericht den Erlass des Strafbefehls. Damit das Gericht über den Antrag entscheiden kann, muss auch der Strafbefehl konkrete Angaben zum Beschuldigten und insbesondere zu der Tat enthalten, die ihm vorgeworfen wird (§ 409 StPO). Die notwendigen Angaben zum Beschuldigten, der Tat, der Tatzeit, dem Tatort, den Beweismitteln etc. sind insofern genau dieselben wie bei einer Anklage.
Der Unterschied zwischen dem Erlass eines Strafbefehls und einer Anklage ist derjenige, dass im Strafbefehlsverfahren nicht automatisch eine Hauptverhandlung stattfindet, sondern gegen den Strafbefehl innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung Einspruch eingelegt werden kann. Wird der Einspruch rechtzeitig eingelegt, dann ersetzt der Strafbefehl quasi die Anklageschrift und es wird über den Strafvorwurf in einer Hauptverhandlung verhandelt. Wird kein Einspruch eingelegt, ist das Verfahren beendet und der Strafbefehl wird rechtskräftig, die darin bezeichneten Rechtsfolgen entfalten ihre Wirkung und können vollstreckt werden.
Im Strafbefehl können die verschiedensten strafrechtlichen Sanktionen festgesetzt werden, unter anderem
Die Strafen können auch nebeneinander angeordnet werden, es kann also zusätzlich zu einer Geldstrafe von bspw. 50 Tagessätzen zu je 50,00 € die Entziehung der Fahrerlaubnis angeordnet werden.
Die Beschränkung des Einspruchs auf bestimmte Punkte ist möglich. Wenn in dem Strafbefehl zum Beispiel mehrere Taten bezeichnet sind, also bspw. eine Körperverletzung am 08.06.2017 und ein Betrug am 17.05.2017, kann der Einspruch auf eine der beiden Taten beschränkt werden.
Weiterhin kann der Einspruch auf die Höhe der Freiheitsstrafe oder der Geldstrafe beschränkt werden. Es ist sogar möglich, den Einspruch auf die Höhe eines Tagessatzes zu beschränken mit der Folge, dass in diesem speziellen Fall das sog. Verschlechterungsverbot, das sonst nach einem Einspruch nicht gilt (!), durchgreift. In diesem Fall der Beschränkung des Einspruchs ist es sogar möglich, dass mit Zustimmung des Angeklagten, des Verteidigers und der Staatsanwaltschaft ohne Hauptverhandlung und lediglich im Beschlusswege über die Höhe des Tagessatzes entschieden wird. Der Angeklagte muss hierzu seine monatlichen Einkünfte und Zahlungsverpflichtungen gegenüber dem Gericht darlegen, sodass über die Tagessatzhöhe im Beschlussverfahren neu zu entscheiden ist und zwar unter Geltung des Verschlechterungsverbots, § 411 I S. 2 StPO.
Ja, wenn gegen den Strafbefehl Einspruch eingelegt wird, kann das Gericht in dem darauffolgenden Hauptverhandlungstermin den Angeklagten zu einer höheren Strafe verurteilen. Das bedeutet, dass anstatt einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen auch auf 80 Tagessätze oder sogar auf Freiheitsstrafe mit oder auch ohne Bewährung entschieden werden kann. Darüber hinaus können auch Sanktionen verhängt werden, die im Strafbefehl noch nicht enthalten gewesen sind, wie bspw. die Entziehung der Fahrerlaubnis. Das Verschlechterungsverbot gilt in diesem Fall nicht, sondern nur dann, wenn der Einspruch auf die Höhe des Tagessatzes beschränkt worden ist! Zuvor bedarf es jedoch wegen des Grundsatzes des fairen Verfahrens eines richterlichen Hinweises.
Auf diese nachteilige Möglichkeit muss der Rechtsanwalt den Beschuldigten im Rahmen der Frage, ob gegen den Strafbefehl Einspruch einzulegen ist, unbedingt hinweisen. Die Gefahr der Verschlechterung des Strafbefehls wird jedoch dadurch entschärft, dass der Angeklagte den Einspruch gegen den Strafbefehl gem. § 411 III StPO bis zur Verkündung des Urteils im 1. Rechtszug zurücknehmen kann. Nach dem Beginn der Hauptverhandlung ist hierfür allerdings gem. § 303 I StPO die Zustimmung der Staatsanwaltschaft erforderlich.
Der Strafbefehl wird in diesen Fällen rechtskräftig und es schließt sich das Vollstreckungsverfahren gem. §§ 449 ff. StPO an. Die verhängte Geldstrafe ist zu zahlen. Die angeordnete Entziehung der Fahrerlaubnis erlisch mit der Rechtskraft des Strafbefehls oder des Urteils in vollem Umfang. Das bedeutet, dass sich der rechtskräftig Verurteilte wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis gem. § 21 StVG strafbar macht, wenn er nach rechtskräftiger Verurteilung weiter fährt.
Das Strafverfahren gegen einen Beschuldigten kann aufgrund verschiedener Vorschriften in der Strafprozessordnung eingestellt werden. Das ist nicht nur im Rahmen der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen möglich, sondern auch noch in einem laufenden Gerichtsverfahren oder während der Hauptverhandlung.
Die folgenden Einstellungen kommen in der Praxis am häufigsten vor:
Soweit die Ermittlungen gegen den Beschuldigten keinen hinreichenden Tatverdacht ergeben, ist das gegen ihn laufende Strafverfahren gem. § 170 II StPO einzustellen. Hier gilt dasselbe wie bei den Ausführungen zur Anklage oder zum Strafbefehl, nur dass der Verdacht gerade verneint wird und eine spätere Verurteilung nicht hinreichend wahrscheinlich ist. Die Einstellung nach dieser Vorschrift kann erfolgen, wenn sich die Straftat aufgrund der Ermittlungen nicht mit der erforderlichen Sicherheit aufklären lässt (sachliche Gründe) oder wenn der ermittelte Sachverhalt rein rechtlich keinen Straftatbestand erfüllt (rechtliche Gründe).
Zu beachten ist allerdings, dass durch die Einstellung gem. § 170 II StPO das Verfahren nicht für alle Zukunft beendet ist, sondern beliebig wieder aufgenommen werden kann, wenn neue Beweismittel vorliegen oder sich die rechtliche Bewertung der Tat anders darstellt. Insofern bewirkt diese Einstellung keinen Strafklageverbrauch nach Art. 103 III GG, da durch die Staatsanwaltschaft keine Sachentscheidung im Sinne materieller Rechtskraft getroffen wird, auf die der Beschuldigte vertrauen darf.
Der Beschuldigte erfährt von der Beendigung des Strafverfahrens im Übrigen nur, wenn er als Beschuldigter vernommen worden ist oder im weitesten Sinne von den Ermittlungen Kenntnis hatte. Es ist also möglich, dass gegen jemanden ermittelt wird und die beschuldigte Person hiervon überhaupt keine Kenntnis hat.
Im Gegensatz zur Vorschrift des § 170 II StPO liegt bei der Einstellungsmöglichkeit nach § 153 StPO ein Anfangsverdacht vor. Das Strafverfahren kann jedoch eingestellt werden, wenn die Schuld des Täters als gering anzusehen wäre, das Verfahren ein Vergehen gem. § 12 II StGB zum Gegenstand hat und kein öffentliches Interesse an der Strafverfolgung besteht.
Diese Einstellungsart wird zumeist bei Sachverhalten gewählt, die kein großes Aufsehen erregt haben und die Verletzungen oder Schäden kein großes Ausmaß angenommen haben.
Grundsätzlich bedarf die Einstellung nach diesen Vorschriften der Zustimmung des für die Eröffnung des Hauptverfahrens zuständigen Gerichts. Lediglich bei Bagatelldelikten, die nicht mit einer im Mindestmaß erhöhten Strafe bedroht sind und bei denen die Folgen der Tat gering sind (Beispiel: Diebstahl eines Gegenstandes mit einem Wert von ca. 50,00 €), kann das Verfahren ohne Zustimmung des Gerichts durch die Staatsanwaltschaft eingestellt werden. Die Zustimmung des Beschuldigten ist nicht erforderlich!
Die Einstellung des Verfahrens nach § 153 I StPO bewirkt ebenfalls keinen Strafklageverbrauch und die Ermittlungen können bei Vorliegen neuer Erkenntnisse wieder aufgenommen werden. Sollte das Verfahren jedoch erst im Verlauf eines gerichtlichen Verfahrens - wenn also bspw. bereits Anklage erhoben wurde - gem. § 153 II StPO eingestellt werden, so bewirkt das - nach Ansicht des Bundesgerichtshofes - einen sog. beschränkten Strafklageverbrauch. Das bedeutet, dass die Ermittlungen nur dann wieder aufgenommen werden dürfen, wenn die neue Beurteilung der Sach- und Rechtslage dazu führt, dass ein Verbrechenstatbestand vorliegt (§ 12 I StGB).
Die Voraussetzung für die Einstellung des Strafverfahrens gegen bestimmte Auflagen gem. § 153a StPO ist nur dann zulässig, wenn gegen den Beschuldigten hinreichender Tatverdacht besteht. Weiterhin darf der Einstellung gegen Auflagen nicht die Schwere der Schuld entgegenstehen und grundsätzlich muss das Gericht zustimmen. Unter denselben Voraussetzungen wie bei § 153 StPO kann die Zustimmungspflicht des Gerichts jedoch entfallen.
Anders als bei § 153 StPO muss der Beschuldigte bei dieser Art der Einstellung des Strafverfahren zustimmen, denn er hat schließlich die Auflagen und Weisungen zu erfüllen.
Folgende Auflagen und Weisungen kommen in Betracht:
Sobald das Gericht oder die Staatsanwaltschaft die konkreten Auflagen festgesetzt haben, wird das Strafverfahren vorläufig eingestellt und dem Beschuldigten zur Erfüllung eine Frist gesetzt, die in der Regel 6 Monate nicht überschreiten sollte. Wenn die Auflagen erfüllt worden sind, erfolgt die endgültige Einstellung des Strafverfahrens durch Einstellungsbeschluss. In diesem Fall entsteht gem. § 153a I S. 5 StPO ein endgültiges Verfahrenshindernis durch den Eintritt des beschränkten Strafklageverbrauchs. Der gilt allerdings nur, soweit die Straftat ein Vergehen betrifft, sollte sich nachträglich herausstellen, dass ein Verbrechen vorliegt, kann die Tat weiter verfolgt werden.
Erfüllt der Beschuldigte die Auflagen nicht, wird die vorläufige Einstellung des Strafverfahrens widerrufen und das Verfahren wird durch die Beantragung eines Strafbefehls oder durch eine Anklage fortgesetzt.
Sinn und Zweck der Einstellung des Strafverfahrens nach § 154 StPO ist es, diejenigen Straftaten von der strafrechtlichen Verfolgung auszunehmen, die im Ergebnis bei der Bildung einer Gesamtstrafe nicht sonderlich schwer ins Gewicht fallen würden.
Die Einstellung des Strafverfahrens gem. § 154 StPO betrifft die gesamte prozessuale Tat, also den konkreten geschichtlichen Vorgang, der in räumlicher, zeitlicher und sachlicher Hinsicht einen zusammenhängenden Lebenssachverhalt darstellt.
Wenn dem Angeklagten also zwei völlig verschiedene Sachverhalte strafbaren Verhaltens vorgeworfen werden, kommt die Anwendung des § 154 StPO in Betracht.
Beispiel: Der Täter ist am 20.06.2017 auf einem Volksfest in Braunschweig in eine körperliche Auseinandersetzung verwickelt, bei der er seinem Kontrahenten einen Faustschlag ins Gesicht verpasst, der keine weiteren gesundheitlichen Folgen außer einer Beule verursacht hat. Zuvor hat der Täter am 19.06.2017 unter Einsatz eines Messers einen Kiosk überfallen und hierbei Geld im Wert von 1.967,00 € erbeutet.
Die beiden Lebenssachverhalte stehen miteinander in keinem Zusammenhang und bilden jeweils eigenständige prozessuale Taten, die rein rechtlich separat zu beurteilen sind. Der Schlag auf dem Volksfest stellt eine einfache Körperverletzung gemäß § 223 StGB dar, die mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren bestraft wird. Die Tat am 19.06.2017 – der Überfall auf den Kiosk unter Einsatz eines Messers – stellt einen schweren Raub gemäß § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB dar und wird grundsätzlich mit Freiheitsstrafe nicht unter 5 Jahren bestraft.
Unterstellt, der Täter ist nicht vorbestraft gewesen, würde er für die nicht sonderlich schwerwiegende einfache Körperverletzung eine Geldstrafe von etwa 30 Tagessätzen zu erwarten haben, die höchstwahrscheinlich auch im Wege des Strafbefehlverfahrens - also grundsätzlich ohne Hauptverhandlung - abgeurteilt werden könnte.
Beim schweren Raub beträgt die Mindeststrafe dagegen 5 Jahre Freiheitsstrafe. Der Rechtsfolgenvergleich zwischen den beiden prozessualen Taten ergibt, dass die Strafe, die der Täter wegen der Körperverletzung erwarten würde, gegenüber der Straferwartung des schweren Raubes nicht beträchtlich ins Gewicht fällt. Auf der Rechtsfolgenseite würde die Körperverletzung bei der Aburteilung beider Taten deshalb nahezu keine eigenständige Rolle spielen (sogenanntes Rechtsfolgenminus), so dass in diesem Fall das Verfahren wegen Körperverletzung gemäß § 154 Abs. 1 Nr. 1 StPO eingestellt werden könnte.
Die Staatsanwaltschaft kann von der Einstellungsmöglichkeit bereits im Rahmen des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens – also vor Anklageerhebung - Gebrauch machen und benötigt hierzu im Gegensatz zur Einstellung nach § 153 StPO nicht die Zustimmung des zuständigen Gerichts.
Sollte die Staatsanwaltschaft bereits Anklage zum Gericht erhoben haben, ist das Strafgericht für die Einstellung zuständig, die sich in diesem Verfahrensstadium nach § 154 II StPO richtet. Allerdings ist in diesem Verfahrensabschnitt der Antrag der Staatsanwaltschaft notwendig.
Nein, der Zustimmung des Beschuldigten bedarf es bei der Einstellung nach § 154 I, II StPO nicht! Er ist durch die Einstellung nicht beschwert, d.h. sie ist für ihn nicht nachteilig, denn es werden hierdurch ja gerade einige Strafvorwürfe nicht weiter verfolgt.
Wenn die Staatsanwaltschaft das Strafverfahren im Ermittlungsverfahren gem. § 154 I StPO einstellt, ist eine Wiederaufnahme des Verfahrens jederzeit möglich. Durch eine Einstellungsverfügung der Staatsanwaltschaft entsteht kein Vertrauenstatbestand dahingehend, dass die Einstellung des Strafverfahrens für alle Zeit feststeht.
Soweit das Gericht das Strafverfahren gem. § 154 II StPO einstellt, entsteht zunächst ein von Amts wegen zu beachtendes Verfahrenshindernis. Die Ermittlungen können gem. § 154 V StPO über einen Gerichtsbeschluss wieder aufgenommen werden. Für die Wiederaufnahme des eingestellten Verfahrens läuft eine Frist von 3- Monaten gem. § 154 IV StPO und zwar gerechnet von dem Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung des Verfahrens an, wegen dessen die Einstellung erfolgte. Es handelt sich hierbei um eine Ausschlussfrist zugunsten des Angeklagten, nach Ablauf der Frist kann das Strafverfahren nur dann wieder aufgenommen werden, wenn sich herausstellt, dass das eingestellte Verfahren kein Vergehen, sondern ein Verbrechen zum Gegenstand hat.
Der Unterschied zwischen § 154 StPO und § 154a StPO besteht darin, dass bei der Einstellung nach § 154a StPO nur eine prozessuale Tat vorliegt und bei § 154 StPO mindestens 2 verschiedene prozessuale Taten.
§ 154a StPO kommt dann zur Anwendung, wenn der Beschuldigte innerhalb der einen prozessualen Tat mehrere Straftaten begangen, also mehrere Strafgesetze verwirklicht hat.
Beispiel: Der Beschuldigte versucht dem Opfer ein Handy aus der Jackentasche zu ziehen, das Opfer bemerkt die Tat und dreht sich reflexartig um. Der Beschuldigte schlägt dem Opfer daraufhin mit einem Schlagring ins Gesicht.
Bei diesem Sachverhalt handelt es sich um einen natürlichen Lebensvorgang, der eine prozessuale Tat darstellt. Innerhalb dieser prozessualen Tat hat der Beschuldigte zwei Straftaten begangen und zwar einen versuchten Diebstahl gem. § 242, 22, 23 StGB sowie eine gefährliche Körperverletzung gem. §§ 223 I, 224 I Nr. 2, 5 StGB.
Auch bei der Anwendung von § 154a StPO ist es erforderlich, dass bei einem Rechtsfolgenvergleich die prognostizierte Strafe des versuchten Diebstahls im Gegensatz zu der gefährlichen Körperverletzung im Hinblick auf die zu erwartende Strafe nicht beträchtlich ins Gewicht fällt (sogenanntes Rechtsfolgenminus). Dies wäre vorliegend bei dem versuchten Diebstahl, der mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren bestraft wird, im Vergleich zur gefährlichen Körperverletzung, die mit Freiheitsstrafe nicht unter 6 Monaten bestraft wird, möglich.
Hier gilt das zu § 154 StPO Gesagte. Vor Erhebung der Anklage kann die Staatsanwaltschaft die Beschränkung der Rechtsverfolgung auf einzelne abtrennbare Teile einer prozessualen Tat anordnen. Das geschieht in der Form, dass die eingestellten Taten nicht in die Anklageschrift aufgenommen werden, wobei die Staatsanwaltschaft auf die Beschränkung hinzuweisen hat.
Nach Erhebung der Anklage kann das Gericht die Einstellung anordnen, allerdings auch hier nur auf Antrag oder mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft.
Die Wiedereinbeziehung der von der Strafverfolgung ausgenommenen Tatteile ist in jeder Lage des gerichtlichen Verfahrens möglich und erfolgt in der Regel durch förmlichen Beschluss des Gerichts. Ein Antrag oder die ausdrückliche Zustimmung der Staatsanwaltschaft ist hierbei nicht notwendig.
Wie oben bereits angesprochen besteht in Deutschland nach Art. 103 III GG der Grundsatz, dass kein Angeklagter wegen derselben Tat mehrmals bestraft werden kann. Diesen Grundsatz nennt man den sog. Strafklageverbrauch oder "ne bis in idem". Ist also der Angeklagte wegen derselben prozessualen Tat bereits verurteilt worden, so steht diese Verurteilung einer erneuten Strafverfolgung als von Amts wegen zu beachtendes Verfahrenshindernis entgegen.
Da es sich bei der Anwendung des § 154a StPO um die Beschränkung der Strafverfolgung auf einzelne Teile derselben prozessualen Tat handelt, tritt hinsichtlich der von der Strafverfolgung ausgenommenen Teile der Tat Strafklageverbrauch ein, da der Angeklagte wegen der weiterverfolgten Teile der Straftat verurteilt worden ist.
Franco Zauner | Rechtsanwalt
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